Die Tage der AbfresserEine Bauernfamilie wird mit dem psychischen Zusammenbruch der Mutter Leie konfrontiert, als diese vom Begräbnis ihrer Pflegemutter zurückkehrt. Aus der Sicht ihres Mannes Dirk und ihrer Söhne Anton (15) und Meeus (11) erfahren wir, wie sie gegen diese Krise ankämpfen und versuchen, die Mutter zu verstehen und ihr zu helfen. Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als Leie eines Tages in ihrem alten Brautkleid und mit nichts als einem leeren Koffer fortgeht.
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Biografie
Machteld Siegmann (1972) hat Niederlandistik studiert und arbeitet als Lektorin und Texterin. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in der Nähe von Amsterdam. 2019 erschien ihr Debüt De kaalvreter (Die Tage der Abfresser) beim Verlag Ambo Anthos – ein Mosaikroman über Krieg, Herkunft und Erinnerungen. Beim Schreiben hat sich Siegmann von der ländlichen Umgebung inspirieren lassen, in der sie aufgewachsen ist.
Stipendien und Preise
Die Tage der Abfresser gewann sowohl den Jury- als auch den Publikumspreis von De Bronzen Uil (Die Bronzene Eule), einem niederländisch-flämischen Preis für das beste Literaturdebüt. Außerdem wurde der Roman mit dem CLO-Byblos-Preis für das beste literarische Werk, in dem Religion eine Rolle spielt, ausgezeichnet, und er stand 2020 auf der Shortlist des niederländischen Buchhandelspreises und auf der Longlist des Hebban-Leserpreises. Aufgrund ihres Erstlings hat Machteld Siegmann vom Nederlands Letternfonds (Niederländische Literaturstiftung) ein Stipendium für ihren zweiten Roman erhalten.
Bewertungen„Liest sich wie eine Hörspiel in mehreren Akten … Ein fesselnd dunkles Tagebuch.“ NRC Handelsblad
“Siegmann hat die richtige Form gefunden, um die Stille zu beschreiben.“ De Volkskrant „Neulich habe ich einen Auszug aus Machteld Siegmanns Debütoman Die Tage der Abfresser übersetzt und war begeistert! Lakonische und berührende Prosa.“ Eileen Stevens, Übersetzerin „Hypnotisierende Prosa. Intim, prägnant, grandios. Was für ein schönes Debüt.“ Remco Houtepen, Buchhandlung Libris Venstra, Amstelveen „Ein unwahrscheinlich starkes Debüt.” ★★★★ Tageszeitung De Limburger „Die Tage der Abfresser ist eine originelle, überzeugende und gut erzählte Geschichte über Herkunft und Erinnerungen. Man wird von den Figuren in die Geschichte hineingezogen. Wer einmal anfängt zu lesen, kann sich nicht mehr losreißen.“ Franca Treur, Autorin „Für Bücher wie dieses ist man Buchhändler geworden. Wir sind sprachlos.” Buchhandlung Laren „Zerbrechlich und rein, aufrichtig und sensibel, wenn Siegmann so weiter schreibt, können wir uns noch auf viel Schönes freuen.“ Nederlands Dagblad “Ein Buch, an dem ich nichts verändern würde und das mich vom ersten bis zum letzten Satz in seinen Bann gezogen hat. Ein Mosaikroman, der sich sehr natürlich liest und mit wunderbar ruhiger Hand, voller Wärme und Mitgefühl für die Figuren geschrieben ist. Man findet darin wunderbare Vergleiche, Metaphern und Stoff zum Nachdenken, unter anderem über Glauben, Liebe, Familienbande, Depressionen und die Verarbeitung von Kriegstraumata. Ich bin auch begeistert von der Rolle, die der Natur zugeschrieben wird, dem Tierreich und dem Bauerndasein. Die Tage der Abfresser geht unter die Haut und lässt niemanden unberührt. Und das bei einem Debütroman … ich freue mich jetzt schon auf das nächste Buch!“ Stefanie Schulte, Buchhandlung Het Leesteken, Purmerend Kontaktanfragen |
Empfehlung(Achtung Spoiler!) "Es geht in DIE TAGE DER ABFRESSER nicht so sehr um eine konkrete Bedrohung durch den Tod, um ein akut eingetretenes Ereignis, das in die Welt eines Kindes und einer Familie hereinbricht, sondern um ein Trauma, das der Protagonistin über Jahrzehnte gar nicht bewusst war: Die Protagonistin Leie ist erst drei Jahre alt, als sie während des Zweiten Weltkriegs von ihren aus Deutschland geflohenen, jüdischen Eltern zu einer Bauernfamilie auf dem Land geschickt wird. Dort gewöhnt sich Leie einerseits daran, zu warten, andererseits weiß sie nach ein paar Jahren aber gar nicht mehr, auf wen oder was sie eigentlich wartet. Das Schockierende und Außergewöhnliche, das dann passiert, bekommen die Leser schon recht früh im Roman mit: In Abschnitten, die in der personalen Erzählform von Leies Kindheit erzählen, erfahren wir, dass Leies Mutter das KZ überlebt hat. Nach Kriegsende kommt sie – schwer traumatisiert – zu dem Bauernhof, auf dem Leie untergebracht ist, doch Leie erkennt die eigene Mutter nicht wieder, sie glaubt, sie sei eine neue Magd für die Hofarbeit. Leie sträubt sich gegen die Annäherungsversuche der Mutter, und eines Tages sieht Leie aus der Ferne, dass sich die Mutter in der Scheune erhängt hat. So wie es in Leies Leben geschieht, erleben wir auch als Leser mit, dass die Protagonistin diesen Vorfall nie verarbeitet hat, ja, dass er ihr gar nie wirklich bewusst war. Sie heiratet, bekommt Kinder, und lässt das Leben bei ihrer Adoptivfamilie hinter sich. Erst als sie zum Begräbnis ihrer Stiefmutter fährt, wird sie in einen akuten Schockzustand versetzt. Die Leser erfahren zunächst nicht, wodurch dieser Schock konkret ausgelöst wurde. Dies wird erst klar, als sie nach Monaten der Sprachlosigkeit langsam wieder den Boden unter den Füßen zurückgewinnt, und zum ersten Mal wieder mit ihrem Mann spricht: Bei dem Begräbnis ihrer Adoptivmutter war sie durch Zufall vor dem Grabstein ihrer leiblichen Mutter stehengeblieben. Die außerordentliche und paradoxe Leistung von DIE TAGE DER ABFRESSER ist in meinen Augen, dass hier eine abgrundtiefe Sprachlosigkeit in Worte gefasst wird. Dieser Roman ist nicht wortgewaltig und mit Bildern überladen, sondern er ist knapp und präzise durchkomponiert. Er besteht aus einem Geflecht aus verschiedenen Perspektiven, die sich zu einem größeren Ganzen zusammenfügen, und dabei ist der Grundtenor hoffnungsvoll: Immer wieder wird man beim Lesen in Staunen darüber versetzt, dass sogar ein so tiefes Leid, wie es Leie erfährt, vorübergehen kann. Genau dieses Staunen kommt auch in dem Ausschnitt zur Sprache, der beim Festival des europäischen Literaturfestivals präsentiert wird, und auch der Titel spielt meines Erachtens darauf an: Die „Abfresser“ sind es, die das Trauma auf die eine oder andere rätselhafte Art und Weise beseitigen. Thematisch gesehen geht es in DIE TAGE DER ABFRESSER meiner Meinung nach vor allem um das kollektive Trauma des Holocaust, und um dessen Überwindung auf der persönlichen Ebene." Lotte Hammond, Übersetzerin |